Bund der Antifaschisten Köpenick

Ilse Grubitz

Ich bin jetzt 88 Jahre alt und wenn ich zurückdenke an die Zeit von 1933 bis 1945, dann hoffe ich, dass meine Enkel und Urenkel niemals solch eine schreckliche Zeit erleben müssen.

Wir wohnten in Berlin und erlebten, wie die Nazis viele Gegner des Faschismus und viele jüdische Bürger aus ihren Wohnungen verschleppten. Man sah sie nie wieder. All unsere Erlebnisse trugen dazu bei, uns einer Widerstandsgruppe anzuschließen. Diese Gruppe wurde verraten, darunter auch unser Mitstreiter Hans Pauka. Er war mit seiner Frau mit uns verabredet. Als Martha Pauka nicht kam, ging ich in ihre Wohnung, ich war im Besitz ihrer Wohnungsschlüssel. In der Wohnung waren zwei Gestapoleute. Ich konnte sie täuschen, indem ich das Fenster aufriss und um Hilfe schrie, hier sind Einbrecher. Ich bat sie, mir nichts zu tun, sie sollten meine goldene Armbanduhr nehmen. Wie mir zumute war, kann ich nicht beschreiben. Später erfuhr ich, dass Martha Pauka bereits frühmorgens verhaftet worden war.

Als es dunkel war, ging einer der Gestapoleute mit mir zum Polizeirevier und rief den Kommissar Möller an. Wir mussten warten, bis die Rückantwort des Kommissars kam. Ich musste mit zum Polizeipräsidium am Alex. Dort wurde ich mehrfach vernommen und dann konnte ich gehen. Ich bat um einen Entschuldigungsbrief für meinen Mann, damit er nicht annahm, dass ich mich rumgetrieben hätte. Ein solches Schreiben bekam ich zwar nicht. Im Gegenteil, man verbot mir zu sagen, wo ich gewesen bin.

Vom Alex bis zu meiner Wohnung in der Lübbener Straße, unweit vom Görlitzer Bahnhof, war es ziemlich weit. Aber ich schaffte es. Als ich ankam war mein Mann nicht mehr in der Wohnung, er fing mich vor der Haustür ab und sagte mir, dass Hans Pauka in Sicherheit sei. Die Gestapo kam noch dreimal nachts zu uns in die Wohnung. Wir hatten Glück, unsere Hauswirtin hat gut für uns ausgesagt.

Wir hatten trotz allem weiterhin Kontakt zu Hans Pauka. Er war es auch, der uns veranlasste ebenfalls in die Illegalität zu gehen. Wir gingen gemeinsam nach Wernsdorf. Zu dieser Zeit waren die Russen schon nicht mehr weit. Hans Pauka hatte in Wernsdorf einen Genossen der dort Volkssturm-Führer war. Dieser besorgte uns Quartier, zuerst im Wald in einem Zelt, und da es noch zu kalt war, dann in einem Zimmer im Dorf.

Hier in Wernsdorf war die Schleuse zur Sprengung vorbereitet. Hans Pauka und mein Mann, Richard Grubitz, zerstörten die Sprengladung, während ich mit furchtbarer Angst „Schmiere stand“.

SS-Einheiten gingen im Dorf in Stellung. Hans Pauka ging früh am Morgen zu den Russen, um sie über die Stellung der SS zu informieren. Bei der Rückkehr wurde er von der SS erschossen. Mein Mann ging später in der gleichen Absicht zu den Russen. Sie behielten ihn da und retteten so offensichtlich sein Leben. Schon am nächsten Tag waren die Russen in Wernsdorf. Ich habe sie weinend vor Freude auf der Straße begrüßt. Als die Bewohner sahen, dass mir keiner etwas tat, kamen sie mit ihren Kindern aus ihren Häusern und begrüßten die Russen. Von ihnen bekamen wir unser erstes Brot.