Zeichen des Widerstands oder Rot-Front-Symbol?

aus dem „ND“ vom 24. Februar 1998:

Streit um Faust-Denkmal der „Köpenicker Blutwoche“

Als weiterhin angemessen stufte die unabhängige Denkmal-Kommission nach der Wende das Mahnmal „Köpenicker Blutwoche“ in der Bahnhof-/Ecke Lindenstraße in Köpenick ein, vor kurzem ist es dennoch in die Kritik geraten. Die einen sehen in dem Denkmal – eine Faust auf einer Säule, dahinter eine Stele mit einem Zitat von Karl Liebknecht auf der Rückseite – ein „kommunistischen Rot-Front-Symbol“, für andere stellt die Faust nicht Widerstand, sondern Gewalt dar. Wiederum anders empfinden das Denkmal und den Platz, auf dem es steht, als nicht mehr zeitgemäß, weil es in der DDR für „Honecker-Vorbeimärsche“ gedient habe.

Das Monument wurde 1969 zum Gedenken an die Opfer der Köpenicker Blutwoche errichtet. In den Tagen vom 21. bis 28. Juni 1933 wurden über 500 Sozialdemokraten, Kommunisten, Juden und Christen von den Nazis verhaftet, verschleppt, mißhandelt, ermordet. Danach galten etwa 70 Antifaschisten als vermißt, 24 ermordete Frauen und Männer sind namentlich bekannt.

Anstoß am Ehrenmal nimmt jetzt vor allem die SPD-Fraktion in der BVV. Es sei ein „DDR-Relikt“ und werde von vielen Menschen als dominant empfunden. Nun fordern die Sozialdemokraten ein neues Denkmal, das alle Gewaltopfer von 1933 bis 1989 ehrt.

„Viele können sich mit dem Mahnmal wegen der früheren Aufmärsche tatsächlich nicht identifizieren“, sagte Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) dem ND. Eine Gedenkstätte für eine Minderheit lehnt Ulbricht jedoch ab. Ihm schwebe eine vor, die in das Leben integriert ist, etwa eine Parkanlage, wo man sich hinsetzen kann.

Der PDS kommt die derzeitige Debatte einer „Geschichtsklitterung“ gleich. Dennoch könne durchaus über eine Veränderung bestimmter Details am Mahnmal diskutiert werden, meinte Ernst Welters, PDS-Stadtrat für Jugend und Umwelt. Diese Idee kommt Ulbricht entgegen. So könnten Relief und Stele erhalten bleiben, die Faust indes sollte entfernt werden. Absurd nannte Ulbricht den Vorschlag ein völlig neues Denkmal an einem anderen Ort zu errichten: „Wo? In einem Hinterhof?“

Eine ähnliche Diskussion erlebte Anfang der 90er Jahre die thematisch zwar gleichgelagerte, aber eigenständige Gedenkstätte „Köpenicker Blutwoche im Juni 1933“ im ehemaligen Amtsgerichtsgefängnis in der Puchanstraße 12. Damals kam die Kritik auf, die DDR-Historiker hätten den Anteil der ermordeten Kommunisten in den Vordergrund gespielt. Daraufhin wurde die seit den 80er Jahren bestehende Gedenkstätte neu gestaltet. Nun steht Authetizität im Mittelpunkt der Ausstellung, wie Gedenkstättenleiter Claus-Dieter Sprink sagte.

Doch ohne Zustimmung des Landesdenkmalamtes kann ohnehin nichts abgerissen oder umgestaltet werden. Die Behörde führt das Denkmal auch nach eingehender Prüfung nach der Wende als eines, dessen Botschaft noch gültig ist.

von Simone Schmollack

Dieser Beitrag wurde unter Platz des 23.April veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.