Hoch die Faust!

aus dem „Bezirksjournal“ vom März 1998:

Ein Freund des Faust-Denkmals an schöner Köpenicker Stelle bin ich auch nicht. Mehrfach habe ich in dieser Zeitung bezeugt, daß die Erinnerung an die Köpenicker Blutwoche nicht überall, wo sie gepflegt wird, die Absicht hat, aus der Geschichte zu lernen. Heldenverehrung nützt nichts. Rituale nützen nichts. Öffentlicher Trommelschlag nützt nichts, auch gedämpfter nicht. Der rituelle Antifaschismus der DDR – da gibt es kein Vertun – war viel öfter Tagespolitik, als er vielleicht selbst wahrgenommen hat. Er hat ja auch nichts geholfen: Die DDR hatte jedenfalls aus der deutschen Nazi-Geschichte wenig gelernt.

Aber daß das alles Gründe wären, das Denkmal Walter Sutkowskis wegzuräumen – das ist ein abwegiger Gedanke. Auch daß das Denkmal künstlerisch schlecht ist, ist kein Grund, es zu entfernen. Geschichte ist Geschichte: Indem man sie abreißt, kommt keine Wahrheit zu Tage. Keine Straßenumbenennungen! Keine Denkmalstürze! Die Kriegerdenkmäler stehen doch auch das, die Mord- und Totschlagsverherrlichungen. Die Faust von Köpenick muß bleiben, die Diskussion muß anhalten.

Was heißt da „anhalten“, andauern? Sie hat ja noch gar nicht begonnen. Da müssen die Parteien des Großen Lauschangriffs die Geschichte noch ein bißchen belauschen. Aber die Ritual-Antifaschisten auch. Und diejenigen, die früher hier Kränze abgeworfen haben. Hoch die Faust, Genossen, Christen, Bürger!

von Diether Huhn

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